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Hirnweh

Hirnweh

Gefühlsstarker, unterhaltsamer Entwicklungsroman über den Reha-Aufenthalt einer plötzlich schwer erkrankten jungen Frau

vonHermann, Lea
Deutsch, Erscheinungstermin 18.11.2022
lieferbar
20,00 €
(inkl. MwSt.)
Herrlich sarkastisch erzählt >Hirnweh< von der 22-jährigen Hanna, die nach einer schweren Gehirnentzündung zur Reha muss. Statt aufregendem Studentenleben erwartet sie nun ein sonderbarer Alltag mit Quarkwickeln, Igelbällen und futterneidischen Rentnern am Buffet. Monotonie beherrscht die Klinik, deren...

Informationen zum Titel

978-3-944596-32-7
18.11.2022
2022
Buch (gebunden)
347 g
236
138 mm x 210 mm x 23 mm
Color of cover: Brown, Color of cover: Orange, Color of cover: Purple, Color of cover: Silver, Color of cover: White, München
Deutsch
Moderne und zeitgenössische Belletristik
Herrlich sarkastisch erzählt >Hirnweh< von der 22-jährigen Hanna, die nach einer schweren Gehirnentzündung zur Reha muss. Statt aufregendem Studentenleben erwartet sie nun ein sonderbarer Alltag mit Quarkwickeln, Igelbällen und futterneidischen Rentnern am Buffet. Monotonie beherrscht die Klinik, deren Inneneinrichtung so farb- und geschmacklos ist wie der samstägliche Eintopf. Und während das Leben zuhause ganz normal weiterläuft, wird die junge Frau von Zukunftsängsten geplagt und fühlt sich abgehängt. So muss sie neben den körperlichen auch mit den psychischen Folgen ihrer Krankheit umgehen lernen. Lea Hermann schreibt detailliert und aus eigener Erfahrung über die Parallelwelt Reha-Klinik. Dabei nimmt sie sich ernster Themen mit trockenem Humor an. Die introspektiven Gedankenstrudel der Protagonistin entwickeln mächtige Sogwirkung und füllen diesen Entwicklungsroman mit viel Leben.
Lea Hermann, Jahrgang 1990, wuchs in Neuburg an der Donau auf und studierte Journalismus mit Schwerpunkt Kultur. Heute lebt und arbeitet sie in München.
Auszug Kapitel 3
Gemütlich trotten mir ein paar Rentner mit zufriedenen Gesichtern entgegen. Einer streicht sich sogar über den Bauch, die Jogginghose spannt beachtlich. Es scheint geschmeckt zu haben, das ist doch schon mal ein gutes Zeichen.
Dann flüstert eine Frau um die siebzig einer anderen so laut zu, dass ich es hören kann: „Mei, ist das traurig, so eine Junge hier.“
Mein Herz krampft sich zusammen und ich merke, wie mir schon wieder die scheiß Tränen in die Augen schießen. Zum Glück habe ich auf Mascara verzichtet. Bloß nicht hinsehen, bloß keine Reaktion zeigen. Ich kenne diesen mitleidigen Blick schon aus dem Krankenhaus und ich hasse ihn! Ich bin ein Fehler in der Matrix. Mit Anfang zwanzig schwer krank zu sein, ist unnatürlich. Da ist man jung und fit. Die Haut ist noch straff, das Gesicht faltenlos. Da wird man nicht krank, so etwas darf es nicht geben. Das verstößt gegen das Gesetz. Ich bin widerlich und grausam und erinnere die anderen daran, dass es keine Garantie für Glück gibt.
Mit hochrotem Kopf gehe ich weiter. Der Fettgeruch des Speisesaals erschlägt mich fast. Der Raum sieht aus wie ein buntes Potpourri der Wirtshäuser meiner Kindheit. Auf der einen Seite helle Holztöne mit vielen Plastikpflanzen wie in Autobahnraststätten, auf der anderen Seite ein großes Wandbild mit imposantem Hirsch vor Wald- und Wiesenhintergrund. Es erinnert mich an das Schützenheim, in das mich mein Opa manchmal als Kind mitnahm. Sofort habe ich den Duft von abgestandenem Bier und Männerschweiß in der Nase. Sogar hölzerne Ehrenzielscheiben hängen an der Wand. Hinten und vorn passt hier nichts zusammen.
Ich blicke mich nach einer Hausdame um, so wie es mir die Rezeptionistin bei der Anmeldung heute Vormittag erklärt hatte. Es ist unfassbar laut. So laut, dass ich erst mal stehen bleibe, weil mich der Geräuschpegel fast umhaut. Und das, obwohl kaum noch Tische besetzt sind. Mich stresst momentan alles, was laut oder grell ist. Wie ein hypersensibler Labrador, der an Silvester unter den Esstisch kotzt.
„Entschuldigung“, sage ich verschüchtert zu einer blonden Frau mit strahlend weißer Bluse, die gerade einen Tisch abräumt. „Ich bin neu hier.“
Auch sie schaut mich erschrocken an. Am liebsten würde ich verschwinden oder wäre vierzig Jahre älter. Mindestens. Es ist alles so unangenehm. Falls das überhaupt noch möglich ist, werde ich noch röter. Warum bin ich hier gelandet?
Die Hausdame ruft laut: „Anita“, und winkt eine Kollegin heran.
Ich bleibe stumm und schaue schuldbewusst auf meine Schuhe. Meine Mutter hat sie heimlich geputzt, das fällt mir jetzt erst auf. Bestimmt, während ich nach meiner Krankenhausentlassung auf ihrer Couch Mittagsschlaf gehalten habe.
Anita ist vielleicht Anfang dreißig, hat einen dicken schwarzen Pferdeschwanz, der enthusiastisch hin und her wippt, und sieht mit dem seitlich gebundenen knallroten Halstuch aus wie eine kecke Stewardess aus den Sechzigern. Macht sie das, um den alten Patienten zu gefallen? Es steht ihr auf jeden Fall. Sie ist bildhübsch. Ich nicht. Ich bin Gollum.
„Komm mit“, fordert sie mich selbstbewusst auf und verbesserte sich dann schnell: „Äh, Sie. Ich bin die hauswirtschaftliche Betriebsleiterin. Bei Fragen kannst du … Verzeihung …können Sie sich jederzeit an mich wenden.“
Mir ist das Ganze bestimmt noch peinlicher als ihr.
„Frühstück gibt es von 7:30 Uhr bis 8:30 Uhr, Mittagessen von 12 bis 13:30 Uhr – in Ausnahmefällen auch mal länger. Den Speisesaal sperren wir Viertel nach zwei zu. Abendessen gibt es von 18 bis 19 Uhr. Frühstück und Abendessen sind Buffet. Jeden Donnerstag gibt es neue Speisepläne fürs Mittagessen. Aus drei Vorschlägen können Sie ankreuzen, was Sie essen wollen. Samstags gibt es allerdings immer Eintopf.“
Wir absolvieren einen Slalom um Plastikpflanzen und verwaiste Plätze. Die mit Sauce besprenkelten Tischdenken sehen aus wie Schlachtfelder. Unter einem Stuhl liegt sogar ein Messer. Ich will hier nicht sein und kämpfe schon wieder mit den Tränen. Das ist alles viel schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte.
„Am großen Neurologie-Tisch ist leider nichts mehr frei. Aber wir haben noch einen kleinen. Ach, und bevor ich es vergesse“, Anita bleibt stehen und wird plötzlich ganz ernst. „Es gibt bei uns kein Salz.“
„Was?“, frage ich, weil ich glaube, mich verhört zu haben.
„Ja, die Deutschen essen zu viel Salz. Das kann zu einem erhöhten Blutdruck führen und der wiederum begünstigt Herz- und Kreislauferkrankungen. Gerade die Damen und Herren aus der Kardiologie müssen streng auf ihre Ernährung achten. Aber keine Sorge, Sie gewöhnen sich daran. Zum Würzen gibt es Pfeffer und Paprikapulver an den Plätzen. Bitte halten Sie sich an unsere Regeln.“

Auszug Kapitel 20
„In einem gesunden Körper kann das Qi, die Lebensenergie, frei fließen“, erzählt Dieter enthusiastisch, während er sich die Hände mit Kokosöl eincremt. „Ist im Körper etwas gestört, zum Beispiel durch eine Entzündung, kommt es zu Blockaden, die alles noch schlimmer machen können. Stimuliert man die Meridiane, kann das gelöst werden. Meridiane sind die Leitbahnen für deine Energie“, erklärt er mir.
„Ah, okay“, sage ich zurückhaltend.
Dieter ist also eine Art alternativmedizinischer Klempner. Wahrscheinlich ist bei mir alles verstopft. Das Antiepileptikum taugt nicht so gut als Rohrreiniger bei Meridianen. Den Rest hat Tim mir gegeben und jetzt kommt gar nichts mehr durch. Kein Wunder, dass ich mich energielos fühle. Wahrscheinlich ist mir deswegen auch so kalt. Vielleicht geht es mir nach dieser Massage tatsächlich besser? Schaden kann es auf jeden Fall nicht. Ich würde mich schon gerne ein bisschen lebendiger fühlen. Das Qi soll fließen!
Ich will mich gerade auf den Bauch drehen, als Dieter ruft: „Nein, so bleiben. Ich massiere nur Kopf und Gesicht.“
Sofort laufe ich rot an. Ich hasse es, wenn mir Leute ins Gesicht fassen. Dann legt mir Dieter auch schon seine öligen Daumen vorsichtig auf die Stirn und drückt leicht zu.
„Und jetzt entspannen“, säuselt er, ganz mit sich im Reinen. Dabei bewegt er seine Finger kreisend unter meinem fettigen Haaransatz. Er könnte mir ganz leicht den Schädelknochen eindrücken. Er ist so nah an mir dran, dass sein Rasierwasser in meiner Nase kitzelt. Zumindest glaube ich, dass das, was sich so gegen den Patschuliduft durchsetzt, Rasierwasser ist. Ich weiß gar nicht, wofür genau das gut sein soll. Kein Typ in meinem Alter benutzt so etwas. Bei Tim oder in dem Badezimmerregal meiner Mitbewohner habe ich das noch nie gesehen.
„So kannst du dich auch selbst massieren. Am besten jeden Tag. Auch wenn du wieder Kopfschmerzen hast“, brummt er vertieft in sein Werk.
Im Hintergrund gongt die sphärische Musik. Ich schalte tatsächlich etwas ab und spanne auch die Schultern nicht mehr so sehr an. Dadurch ist es auch gleich viel bequemer auf der Liege. Bis jetzt ist es noch gar nicht so schlimm. Und schön warm ist es im Zimmer auch. Wenn es auch sehr ungewohnt ist, dass jemand meine Stirn betatscht.
Richtig seltsam wird es erst, als Dieter mit seinen harten Fingerkuppen auf meine Wangen klopft. Das wabbelt ein wenig. Für meinen Geschmack sind seine Finger auch zu nah an meinem Mund. Sofort ziehe ich die Schultern wieder hoch – Schutzhaltung. Ich komme mir blöd vor. Wenigstens tut das Backengetrommel nicht weh und Dieter ist überraschend feinfühlig. Bei seinen behaarten Pranken wundert mich das. Hoffentlich wäscht er sich nur immer gründlich die Hände. Davon, dass das Qi fließt, merke ich allerdings noch nichts.
Und dann, gerade als ich dachte, das Schlimmste sei vorbei, steckt er mir einfach seine Finger in die Ohren, als seien sie Wattestäbchen! So tief, wie es geht. Ohne Vorwarnung. Ich höre keinen Ton mehr von der sphärischen Musik, nur noch mein Herz pochen. Kurz tut es weh, vielleicht ist es aber auch der Schock. Ich halte den Atem an und reiße entsetzt meine Augen auf. Dann mache ich sie sofort wieder zu. Was ist das denn? Ich bilde mir ein, seine Fingernägel in meinem Gehörgang zu spüren. Hoffentlich schlitzt er mir darin nichts Wichtiges auf. Ich traue mich nicht, mich zu bewegen, aus Angst, mich dabei zu verletzen. Will er jetzt hier mit Unterdruck das Qi lösen, wie mit einem Pömpel? Ich will das nicht!
Mein Herz rast, mein Körper ist zurück im Panikmodus. Sämtliche Untersuchungen im Krankenhaus, egal wie erniedrigend, waren ein Witz dagegen. Bitte nimm deine Finger aus meinen Ohren! Dann doch lieber drei EEGs hintereinander mit Check-up beim Frauenarzt on top. Wer kommt denn auf die kranke Idee, jemandem die Finger in die Ohren zu rammen?!
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